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Lagebericht

2.2  Geschäftsbezogene Aktivitäten im Jahr 2021
2.2.1 Fahrplanerstellung

Auftragsmodell in der Fahrplanerstellung

Die TVS ist zuständig für die Trassenplanung, die Trassenvergabe und die Erstellung des Netzfahrplans (Art. 9f Abs. 1 Bst. a EBG5; Art. 1 TVSV6). Sie ist somit verantwortlich für die Fahrplanerstellung auf dem Schweizer Normalspurnetz.

Die TVS plant den Fahrplan nicht selbst, sondern beauftragt die ISB in ihrem Zuständigkeitsbereich mit der Erstellung von Fahrplanentwürfen. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit dieser Beauftragung in Artikel 9f Absatz 3 bis 5 EBG explizit vorgesehen. Die TVS bleibt aber in diesem Auftragsmodell verantwortlich für die Fahrplanerstellung auf dem Schweizer Normalspurnetz und muss jederzeit gewährleisten können, dass die Aufträge diskriminierungsfrei umgesetzt werden. Sie sichert die Koordination und die Qualität der Auftragserfüllung, indem sie die Ausführung der Aufträge überwacht, die Finanzierung der Fahrplanerstellung sowie den Einbezug aller Auftragnehmer regelt und einen effizienten Mitteleinsatz fördert.

Verträge zur Beauftragung der Fahrplanplanung ausgehandelt

Die TVS hat mit allen ISB in ihrem Zuständigkeitsbereich Verträge zur Beauftragung der Fahrplanerstellung ausgehandelt und unterzeichnet. Der Auftrag an die Hafenbahn Schweiz AG wurde in den Vertrag mit der SBB integriert, da die SBB den Infrastrukturbetrieb und damit auch die gesamte Fahrplanplanung für die Hafenbahn Schweiz AG ausübt. Die Verträge regeln die vom Auftragnehmer erwarteten Leistungen, die gegenseitigen Rechte und Pflichten, die Verantwortlichkeiten, den Einbezug der Antragsteller, die Vergütung sowie die Informationssicherheit, die Geheimhaltung und den Datenschutz.

Bevor die TVS für die Fahrplanplanung zuständig wurde, beauftragte das BAV die SBB, gestützt auf Artikel 37 EBG, als Systemführerin gewisse Aufgaben der Fahrplanplanung für die ähnlich gelagerten BLS und SOB wahrzunehmen. Die TVS führt diese Praxis fort und regelte in den Verträgen mit diesen ISB den Einbezug der BLS und SOB. Dadurch können weiterhin Grössenvorteile und Effizienzgewinne realisiert werden, was Kosten spart.

Regelung der Vergütung der Fahrplanerstellung

Die TVS entschädigt die ISB für die beauftragten Tätigkeiten zur Fahrplanerstellung. Ihre eigenen Kosten für die Erfüllung all ihrer Aufgaben sowie für die Entschädigung der Fahrplanplanung deckt die TVS durch Gebühren, die sie den ISB im Verhältnis der auf deren Netzen zugeteilten Trassenkilometer anlastet (Art. 9o EBG). Die ISB können diese Gebühren als Betriebskosten in den Leistungsvereinbarungen mit dem Bund geltend machen.

Diese Gebührenanlastung im Verhältnis der zugeteilten Trassenkilometer löste im Vergleich zur vorherigen Direktfinanzierung über die Leistungsvereinbarungen Verschiebungen in den Finanzflüssen aus. Zum Zeitpunkt der Aushandlung der Leistungsvereinbarungen 2021 – 2024 war diese Neuregelung jedoch nur bedingt voraussehbar. Einige ISB werden durch die Gebührenaufteilung entlastet, andere stärker belastet, ohne dass sie die höheren Gebühren bei der Aushandlung der Leistungsvereinbarung haben geltend machen können. Die TVS koordinierte deshalb im Jahr 2021 unter den Beteiligten, schuf Transparenz und erarbeitete die Grundlagen, die es dem BAV ermöglichten, eine Anpassung der einzelnen Zahlungsrahmen zu den Leistungsvereinbarungen mit den ISB vorzunehmen. Dadurch können die Verwerfungen ausgeglichen werden, ohne dass gesamthaft Mehrkosten entstehen.

Gremium zur Steuerung der Auftragserfüllung institutionalisiert

Für die Steuerung und Koordination der Fahrplanplanung durch die zwölf Auftragnehmerinnen sowie für die Sicherstellung der Mitwirkung aller ISB in der Erstellung des nationalen Fahrplans wurde ein spezifisches Gremium geschaffen, das "Management Board Fahrplan". In diesem durch die TVS geleiteten Komitee sind alle zwölf beauftragten ISB und das BAV vertreten.

Das Board tagt in einem halbjährlichen Rhythmus. Die erste Sitzung fand am 5. Oktober 2021 statt. Nebst der Konstituierung des Boards wurde die Abwicklung der Finanzierung geklärt und als Schwerpunkt der Einfluss des künftigen Trassenplanungs- und Produktionssystems Traffic Management System (TMS) auf die einzelnen ISB besprochen.

Monitoring der Auftragserfüllung

Die TVS nimmt als Auftraggeberin der Normalspur-ISB ihre Verantwortung für die Transparenz und den effektiven Mitteleinsatz wahr. Zu Beginn der Zusammenarbeit mit den neun ISB, für welche die Vorgängerorganisation Trasse Schweiz AG nicht bereits zuständig war, ging es hauptsächlich um die Klärung, welche Tätigkeiten in welcher Qualität erwartet werden und welche Kosten hierfür gerechtfertigt in Rechnung gestellt werden dürfen. Mittelfristig sollen durch noch mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in der Leistungserbringung auch Quervergleiche unter den Leistungserbringern ermöglicht sowie Kostenentwicklungen aufgezeigt und überwacht werden.

Trassenkataloge für den alpenquerenden Güterverkehr und vorkonstruierte Trassen für die Güterverkehrskorridore

Im Auftrag der TVS erstellen die ISB SBB und BLS jedes Jahr Trassenkataloge für den Nord-Süd-Transitgüterverkehr. Diese Kataloge, je einer für die Gotthard- und die Lötschberg-Simplon-Achse, zeigen die maximal für den Transitgüterverkehr zur Verfügung stehende Trassenkapazität. Ein Teil dieser Trassen wird zu sogenannten vorkonstruierten Trassen der Güterverkehrskorridore Rhein-Alpen und Nordsee-Mittelmeer erklärt. Sie bilden Teile langläufiger grenzüberschreitender Korridortrassen, welche durch die One-Stop-Shops der Güterverkehrskorridore im Auftrag der jeweiligen ISB bzw. Trassenvergabestellen zugeteilt werden.

Aktuelle Herausforderungen in der Fahrplanplanung

Das Aufbereiten qualitativ hochstehender Fahrpläne ist im stark ausgelasteten Normalspurnetz der Schweiz jedes Jahr eine grosse Herausforderung. Die Zunahme von Kapazitätseinschränkungen aufgrund von Baustellen und die Ausarbeitung von Ersatzfahrplänen für diese Intervalle sowie die insbesondere an die SBB gerichteten steigenden Erwartungen an die Robustheit der Fahrpläne beanspruchten die Fahrplanplanenden zusätzlich. Auch die steigende Nutzungskonkurrenz für Gleiskapazitäten zum Abstellen von Rollmaterial forderte die Fahrplanplanenden während der Trassenvergabe.

Mitwirkung in der europaweiten Neugestaltung des Fahrplanplanungs- und Trassenvergabeprozesses

Sowohl die schweizerische wie auch die europäische Verkehrspolitik wollen Verkehr auf die Schiene verlagern. Um dies zu unterstützen, braucht es neben zusätzlichen Kapazitäten, der Nutzung der Digitalisierung und dem Abbau länderspezifischer technischer Hemmnisse auch marktgerechtere und besser harmonisierte Prozesse und Abläufe. Auf diesen Bereich fokussiert sich das europäische Projekt TTR ("TTR for smart capacity Management", ehemals "Timetabling Redesign"). Die TVS wirkt in diesem Projekt aktiv mit. Ein Mitarbeiter der TVS leitet sogar auf europäischer Ebene das Teilprojekt "TTR Process Group", in welchem die neuen Prozesse detailliert ausgearbeitet werden. Zudem engagiert sich die TVS im nationalen Projekt TTR@CH, in welchem die Umsetzung der einzelnen Prozessschritte in der Schweiz vorbereitet und implementiert wird.
 

2.2.2 Vergabe von Trassen und Zusatzleistungen

Ausdehnung der Zuständigkeit für die Trassenvergabe

Die Nutzung des Schienennetzes basiert auf einer Bestellung und Zuteilung von zeitlich und örtlich definierten Nutzungsrechten, sogenannten Trassen. Zusätzlich zu den Trassen bestellen die EVU und, gemäss Artikel 9a Absatz 4 EBG, zur Trassenbeantragung berechtigte Dritte auch Zusatzleistungen zur Nutzung der Trassen, insbesondere Gleiskapazitäten für das Abstellen von Rollmaterial und die Benutzung von Verladegleisen und Verladeanlagen im Güterverkehr.

Die Abwicklung des Bestell- und Zuteilungsprozesses für die Trassen und Zusatzleistungen war bereits ein Kerngeschäft der Vorgängerorganisation der TVS, der Trasse Schweiz AG. Dennoch hat sich auch in diesem Bereich einiges verändert. Die Zuständigkeit der TVS beschränkt sich nicht mehr nur auf die drei grossen ISB (SBB, BLS, SOB), sondern erstreckt sich neu über das gesamte interoperable Eisenbahnnetz der Schweiz (vgl. Übersichtskarte in Kapitel 2.1). Auch in den Fristigkeiten ist die TVS neu bis weit in den laufenden Fahrplan hinein Ein- und Ausgangstor für alle Bestellungen und Zuteilungen von Tassen und Zusatzleistungen. Lediglich bei der Bestellung von Extrazügen und sehr kurzfristigen Bestellungen ab 8 Uhr des Vortages (operative Leistungen) laufen die Kontakte aufgrund der knappen Zeit direkt zwischen den EVU und ISB, wobei die TVS diese nachtäglich auf die korrekte Abwicklung überprüft.

Alternativensuche bei Bestellkonflikten von Trassen und Zusatzleistungen

Eine wesentliche Funktion der TVS im Bestell- und Zuteilungsprozess von Trassen und Zusatzleistungen ist die Koordinierung von Bestellkonflikten im Jahresfahrplan. Konflikte bestehen, wenn zwei oder mehrere Netznutzungswünsche sich gegenseitig behindern oder ausschliessen. Die Konflikte werden durch die Planenden der ISB im Auftrag der TVS festgestellt, erfasst und der TVS zur Bearbeitung übergeben. Die TVS vermittelt zwischen den Bedürfnissen der EVU einerseits und den planerischen Möglichkeiten und Zwängen der ISB andererseits und strebt so die gesamthaft bestmöglichen Lösungen für alle Beteiligten an, sodass möglichst alle Antragsteller ihre Transportbedürfnisse umsetzen können. Dabei bietet sie alternative Trassierungsmöglichkeiten oder Abstellkapazitäten beziehungsweise Verlademöglichkeiten an und erwartet von den Beteiligten auch die Flexibilität, solche Alternativen anzunehmen, sofern die beabsichtigten Transportkonzepte weiterhin zu kommerziell akzeptablen Bedingungen umsetzbar sind.

Bei den neu in den Zuständigkeitsbereich der TVS eingetretenen ISB kommen Trassenbestellkonflikte noch kaum vor. Allerdings nimmt die Wettbewerbsintensität auch auf diesen Netzen zu. Es dürfte angesichts der steigenden Anzahl Akteure und der absehbar knapper werdenden Kapazitätsreserven nur eine Frage der Zeit sein, bis auch ausserhalb der Netze der drei grossen ISB SBB, BLS und SOB Trassenbestellkonflikte auftreten.

Im Jahresfahrplan werden jedes Jahr normalerweise rund 300 bis 400 Trassenkonflikte durch die TVS koordiniert; im Jahr 2021 waren es 275. Im Idealfall werden für sämtliche Konflikte einvernehmliche Lösungen gefunden. Erfreulicherweise konnte dieses Optimum im Berichtsjahr erreicht werden. Kein einziger Netznutzungswunsch musste abgelehnt werden. Dies ist nicht immer der Fall; die TVS hat sich das Ziel gesetzt, jeweils über 95% der Konflikte einer einvernehmlichen Lösung zuzuführen. Bleiben nach der Konfliktkoordinierung ungelöste Fälle offen, entscheidet die TVS nach den rechtlichen Prioritätenregeln7, welche Anträge berücksichtigt werden.
 

2.2.3 Inkasso des Trassenbenutzungsentgelts

Rechtliche Grundlagen

Die TVS ist gemäss Artikel 9f Absatz 1 Buchstabe b EBG zuständig für das Einziehen des Trassenbenutzungsentgelts für Grund- und Zusatzleistungen und dessen Überweisung an die ISB. Gemäss Artikel 2 Buchstabe l TVSV zieht die TVS das Trassenbenutzungs- und Stornierungsentgelt im Namen und auf Rechnung der ISB ein. Die ISB gewähren zu diesem Zweck der TVS jederzeit Einsicht in ihre Daten (Art. 9f Abs. 2 EBG; Art. 4 Abs. 1 TVSV).

Vereinbarungen zur Regelung der jeweiligen Aufgaben und Lieferobjekte

Die generelle Zuständigkeit der TVS im Bereich Inkasso des Trassenpreises ist auf Gesetzesebene geregelt. Zur Bestimmung der jeweiligen Verantwortlichkeiten und Pflichten wurde mit allen 13 ISB, für welche die TVS das Inkasso des Trassenbenutzungsentgelts vornimmt, Zusammenarbeitsvereinbarungen abgeschlossen. Diese regeln unter anderem die konkreten Aufgaben der Beteiligten, die zu liefernden Daten mit den jeweiligen Fristen, das Controlling, die Verantwortlichkeiten und die Haftung.

Rechnungsprüfung und -freigabe für die BLS, SBB, SOB und Hafenbahn Schweiz AG ab Januar 2021

Die ISB BLS Netz, HBS, SBB und SOB berechnen die Trassenpreise mit Unterstützung des bewährten Abrechnungssystems I-Prix. Um auf die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Systeme (vor allem TMS, siehe Kapitel 2.3.5) Rücksicht zu nehmen und die hohe Effizienz des bisherigen Prozesses für das Inkasso des Trassenpreises beizubehalten, wurde mit diesen ISB ein Lösungsansatz für eine Übergangsphase vereinbart. Im Rahmen eines definierten Monitorings überprüft die TVS ab Beginn des Jahres 2021 mittels Stichproben in den Systemen dieser ISB die Erfassung der Trassennutzungen (Grund- und Zusatzleistungen), die entsprechende Verrechnung des Trassenbenutzungsentgelts sowie die Bezahlung der Rechnungen und sie überwacht das Mahnwesen. Zudem verfolgt die TVS allfällige Kundenreaktionen zum Inkasso und deren Bearbeitung durch die ISB. Dadurch kann die TVS sicherstellen, dass den Netznutzern die Grund- und Zusatzleistungen vollständig, korrekt und nichtdiskriminierend verrechnet werden.

Laufende Umsetzung des Inkassos des Trassenbenutzungsentgelts für die weiteren Infrastrukturbetreiberinnen

Für die ISB, welche das Abrechnungssystem I-Prix nicht nutzen, zieht die TVS die Trassengebühren sowie das Stornierungsentgelt treuhänderisch im Namen und auf Rechnung dieser ISB bei den EVU ein und leitet dieses an die ISB weiter. Sie hat deshalb im Interesse einer klaren Trennung der Finanzflüsse im ersten Halbjahr 2021 eine separate Mandanten-Buchhaltung entwickelt. Auch fliessen die Zahlungen über ein separates Konto.

Um dieses Mandanten-Buchhaltungssystem einem Praxistest zu unterziehen, wurde im dritten Quartal 2021 mit der Verrechnung der Trassennutzung auf dem Netz der Emmentalbahn (ETB) gestartet. Angesichts der positiven Erfahrungen erhielten in einem nächsten Schritt auch die Kunden der Sursee-Triengen-Bahn (ST) ihre Trassenpreisrechnungen rückwirkend per 1.1.2021 durch die TVS übermittelt. Mit den weiteren ISB wurden die Datenlieferung und Verrechnung vorbereitet, um ab 1.1.2022 die Verrechnung der Trassennutzung auf ihren Netzen ebenfalls durch die TVS vorzunehmen.

Die Rechnungsstellung und das Inkasso des Trassenbenutzungsentgelts für diese ISB basiert auf den von den ISB der TVS übermittelten Daten zur Nutzung ihrer Anlagen durch die Trassennutzer. Die TVS überprüft stichprobenweise diese Nutzungsdaten und verrechnet darauf aufbauend das Trassenbenutzungsentgelt. Ebenso überwacht sie die entsprechenden Zahlungseingänge und allfällige Kundenreaktionen zum Inkasso.

Toolunterstützung des Inkassos für weitere Infrastrukturbetreiberinnen im Rahmen der laufenden Neuentwicklung der Systeme

Einzelne ISB haben den Wunsch geäussert, eine Anbindung an I-Prix zu installieren. Dies würde eine weitgehend automatische Berechnung der Grundleistungen ermöglichen. Zwingende Voraussetzung für die Implementierung von I-Prix ist die Anwendung von NeTS, dem netzweiten Trassenplanungssystem von SBB-Infrastruktur sowie von aktuellen Streckentopologiedaten im System UNO (ebenfalls SBB-Infrastruktur).

UNO hat jedoch sein technisches Lebensende erreicht und es können keine weiteren Strecken aufgenommen werden. Bis zur Inbetriebnahme der Nachfolgesysteme ITOP (für UNO) und TMS (für NeTS) wird die TVS gezwungen sein, mit zwei unterschiedlichen Trassenpreisabrechnungsprozessen zu arbeiten. Eine vollständige Integration dieser an I-Prix interessierten ISB ist ab Fertigstellung von TMS und des neuen Topologie-Tools ITOP frühestens ab dem Jahr 2024 möglich.

Unterstützung von Infrastrukturbetreiberinnen in Bezug auf den Trassenpreis

Bei der Aushandlung der Zusammenarbeitsvereinbarungen hat sich gezeigt, dass einzelne ISB in der Vergangenheit bei der Trassenpreisberechnung Unsicherheiten bezüglich der Anwendung der aktuellsten Preiselemente und -sätze bekundeten. Auch hatten sie teilweise Mühe, termingerecht die relevanten Abrechnungsdaten der Trassennutzung bereitzustellen. Die TVS konnte in diesem Bereich wertvolle Unterstützung leisten, welche von den ISB geschätzt wurde.
 

2.2.4 Führung des Eisenbahn-Infrastrukturregisters

Infrastrukturregister mit den für den Netzzugang erforderlichen Angaben

Die TVS führt, gestützt auf Artikel 9f Absatz 1 Buchstabe d EBG, Artikel 2 Buchstabe m TVSV und Artikel 15f Absatz 1 EBV8, ein Register mit den für den Netzzugang erforderlichen Angaben. Das Eisenbahninfrastrukturregister (RINF-CH) enthält räumliche und technische Daten (GIS- und Infrastrukturfachdaten) zur Beschreibung der Eisenbahninfrastruktur in der Schweiz. Die Betreiber interoperabler Strecken in der Schweiz sind verpflichtet, ihre GIS- und Infrastrukturfachdaten in RINF-CH einzutragen und aktuell zu halten und sie sind für die Richtigkeit der Daten verantwortlich. Diese Daten sollen es den EVU ermöglichen, die Kompatibilität ihres Rollmaterials mit der zu befahrenden Strecke sicherzustellen. Die Prüfung der technischen Kompatibilität der Fahrzeuge mit den zu befahrenden Strecken liegt in der Verantwortung der EVU.

Fehlerbehebung und Komplettierung des übernommenen Tools

Das BAV hat zwischen 2016 und 2020 das Tool RINF-CH zusammen mit einer externen Firma entwickelt. Im Juni/Juli 2021 hat das BAV das System mit der gesamten Software, Lizenzen und Dokumente an die TVS übertragen. In einem ersten Schritt ist die TVS festgestellte technische Probleme zusammen mit dem Ersteller des Tools und den ISB angegangen. Zudem hat sie die bisher fehlende, für einen abgesicherten Datenupload aber unverzichtbare Test- und Abnahmeumgebung entwickeln lassen. Dies erlaubt es den ISB und der TVS, Daten zuerst zu prüfen, bevor sie auf die produktive Umgebung hochgeladen werden. Im Weiteren wurde eigens eine Website geschaffen (www.rinf-ch.ch), auf welcher Interessierte Informationen über RINF abrufen sowie einen Benutzeraccount beantragen und über welche die ISB ihre Daten hochladen können.

Anpassung des Tools an die aktualisierten europäischen Vorschriften

Das schweizerische RINF ist Teil eines umfassenden europäischen Systems. Indem es kompatibel zum Eisenbahn-Infrastrukturregister der Eisenbahnagentur der Europäischen Union ERA aufgebaut ist, ermöglicht es europaweite Fahrzeugzulassungen durch die ERA, welche auch in der Schweiz gelten. Dadurch lassen sich Zeit und Kosten bei der Zulassung von international eingesetztem Rollmaterial einsparen.

Das aktuelle System RINF-CH basiert jedoch noch auf dem Durchführungsbeschluss 2014/880/EU der Europäischen Kommission9. Damit es mit den Entwicklungen des europäischen Systems kompatibel bleibt, muss es an die Anforderungen der neuen Durchführungsverordnung (EU) 2019/77710 angepasst werden. Die TVS hat diese Anpassungen zusammen mit dem externen Systemprovider begonnen. Das überarbeitete RINF-CH soll im Frühling 2022 getestet und anschliessend in Betrieb genommen werden.

Die mangelnde Qualität der Topologiedaten der Infrastrukturbetreiberinnen mindert derzeit noch den Nutzen von RINF

Die Generierung der erforderlichen Infrastrukturdaten stellt die ISB vor Herausforderungen. So musste die TVS feststellen, dass die von SBB Infrastruktur gelieferten xtf-Files11 Fehlermeldungen hervorriefen, welche ein Datenupload in RINF-CH zum Teil verunmöglichen. Die vorhandenen Daten in RINF sind teils veraltet sowie lückenhaft und sie können vorderhand nicht aktualisiert werden. Die TVS arbeitet daran, zusammen mit SBB Infrastruktur und dem externen Systemprovider die Ursache des Fehlers zu eruieren und zu beheben.

Ein grösseres Problem stellt die Tatsache dar, dass die ISB derzeit in ihren IT-Systemen oft gar nicht über alle aktuellen und mittelfristig geltenden Topologiedaten in der erforderlichen Qualität verfügen. In ihren bisherigen Systemen war die Datenqualität und -aktualität auf den jeweiligen Kontext ausgelegt, nicht aber darauf, all diese Daten für übergeordnete Anforderungen zentral in einem System zur Verfügung zu stellen. Bis die ISB diese Daten auf ihren Netzen vollständig erhoben haben und in RINF-CH eintragen können, wird der Nutzen einer Kompatibilitätsabfrage des Rollmaterials der EVU mit den Streckenanforderungen in RINF-CH noch von beschränktem Nutzen sein.

Das BAV unterstützt deshalb im Rahmen von TMS die Entwicklung einer integrierten Topologie-Plattform (ITOP) unter Leitung der SBB mit finanziellen Mitteln. Die TVS unterstützt die ISB in ihren Bemühungen, die Datenqualität möglichst rasch zu verbessern. Sie wirkt in TMS mit und pflegt einen engen Kontakt zum Projektleiter ITOP.

 

5 Eisenbahngesetz; SR 742.101.

6 Verordnung über die Trassenvergabestelle; SR 742.123.

7 Art. 12 Eisenbahn-Netzzugangsvereinbarung (NZV); SR 742.122; Art. 8 bis 10 Verordnung des BAV über den Eisenbahn-Netzzugang (NZV-BAV); SR 742.122.4.

8 Verordnung über Bau und Betrieb der Eisenbahnen, Eisenbahnverordnung; SR 742.141.1.

9 Durchführungsbeschluss 2014/880/EU der Kommission vom 26. November 2014 zu gemeinsamen Spezifikationen für das Eisenbahn-Infrastrukturregister und zur Aufhebung des Durchführungsbeschlusses 2011/633/EU der Kommission; ABI. L 356 vom 12.12.2014, S. 489 ff.

10 Durchführungsverordnung (EU) 2019/777 der Kommission vom 16. Mai 2019 zu gemeinsamen Spezifikationen für das Eisenbahn-Infrastrukturregister und zur Aufhebung des Durchführungsbeschlusses 2014/880/EU der Kommission; ABI. L 139 vom 27.5.2019, S. 312 ff.

11 Das eXtended Triton Format (XTF) ist ein von Triton Imaging Inc. entwickeltes Dateiformat zur Aufzeichnung hydrografischer Vermessungsdaten.

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